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Das Stasimuseum in Berlin

Eingang Stasimuseum Berlin

Das Stasimuseum in Berlin

Schon das Gelände des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit, auf dem sich heute das Stasimuseum befindet, versetzt dich zurück in DDR-Zeiten. Das Areal wuchs im Laufe der Jahre auf eine gewaltige Größe an und bestand zuletzt aus 52 Einzelgebäuden. Schon die Dimensionen des Areals lassen die Größe und Macht des Stasiapparates in der DDR erahnen. Sogar einen eigenen Dienstleistungs- und Versorgungstrakt gab es hier. Ab 1982 gab es hier exklusiv für Stasimitarbeiter einen Konferenzzentrum, einen Supermarkt, Speisesäle und eine Ladenzeile mit Reisebüro, Friseursalon und einer Buchhandlung. Die gesamte Sperrzone umfasste ungefähr 22 Hektar. Für den Bau weiterer Gebäude wurde sogar eine Kirche und verschiedene Wohnhäuser abgerissen.

Heute gibt es im Innenhof der Stasi-Zentrale die Dauerausstellung „Revolution und Mauerfall“. Auf riesigen Schautafeln auf einer Fläche von 1300 m² werden die wichtigsten Ereignisse, die hier auf dem Gelände stattgefunden haben, dokumentiert. Wie der Protest in der DDR angefangen hat, wie die Mauer gefallen ist und wie Deutschland schließlich wieder vereint wurde, wird dir hier in großformatigen Fotos und Beschreibungen veranschaulicht. Der Eintritt ist frei.

Nur 100 m weiter im Haus 1 der Stasi-Zentrale lässt schon der imposante Bau erahnen, dass hier wichtige Menschen in Ost-Berlin ihrer Arbeit nachgingen. Das Haus 1 bildet das Herzstück der Stasizentrale und wurde 1962 fertig gestellt. Beim Betreten wirst du begrüßt von einem Barkas 1000, der zu einem Gefängnistransporter mit fünf Zellen umgebaut wurde. Das Fahrzeug hatte mit Absicht keine Fenster, so konnten seine Insassen in völliger Orientierungslosigkeit transportiert werden. Oft wurden hierbei noch große Umwege gefahren, sodass die transportierten Menschen an ihren Ankunftsort nicht einmal wussten, dass sie in Berlin waren.

Selbst in Berlin wusste man nichts von der Existenz der Gebäude des heutigen Stasimuseums, denn sie waren so geheim, dass sie auf keinem Stadtplan verzeichnet waren. Doch genau hier befand sich einst das Hauptquartier des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Stasi-Chef Erich Mielke hatte hier seinen Hauptsitz. Noch heute kannst du sein Büro und das seiner Angestellten im originalen Zustand von 1989 besichtigen. Außerdem befindet sich im Haus 1 eine tolle Ausstellung, die dir die perfiden Spionage-Techniken der Stasi vor Augen führt.

Doch erst einmal ganz von vorn:

Eine Mauer rund um Berlin wird gebaut

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland – und so auch Berlin – in vier Besatzungszonen geteilt. Die drei westlichen Zonen der USA, Großbritannien und Frankreichs hatten eine parlamentarische Demokratie und agierten nach westlichem Vorbild. Dann gab es da aber noch die „Ostzone“- das Gebiet welches die ehemalige Sowjetunion besetzte. Hier gab es keine Demokratie, sondern eine Diktatur, gestützt auf das Machtmonopol der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Mit der SED an der Macht wurde die Versammlungs-, Presse- und auch die Vereinigungsfreiheit komplett aufgehoben. Auch seine Meinung durfte man nur noch äußern, wenn sie zu der der SED passte. Außerdem wurde auch die Landwirtschaft zwangskollektiviert. Aus diesen Gründen versuchten viele Menschen aus der DDR in den Westteil zu flüchten. Allein zwischen 1949 und 1961 sind insgesamt ungefähr 2,7 Millionen Menschen aus der DDR geflüchtet. Daher sah Walter Ulbricht, damals Chef der SED, keine andere Möglichkeit als den Ostteil Deutschlands komplett abzuriegeln. In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 gab Walter Ulbricht um 1:00 Uhr nachts den Befehl, die innerstädtische Grenze Berlins abzuriegeln. In den Tagen darauf wurden Stacheldrahtverhaue, Sperren, Betonplatten und eine eiligst hochgezogene Mauer gebaut, um die Menschen daran zu hindern, in den Westen zu gelangen. Die Bürger Berlins verloren Verwandte, Familien und Freunde im Westteil der Stadt. Andere konnten auf einmal nicht mehr auf ihre Arbeitsstelle oder in ihre Uni gelangen. Von einem Tag auf den anderen änderte sich ihr komplettes Leben.

Großflächige Überwachung in der DDR

Aber Walter Ulbricht baute nicht nur die Mauer. Schon 1950 wurde in der DDR die Staatssicherheit (Stasi) gegründet. Sie unterdrückte im Auftrag der SED jegliches Aufbegehren, jegliches Andersdenkenden und jegliche Meinung, die nicht der der SED entsprach. Im Jahr 1989 hatte die Stasi rund 91.000 hauptamtliche Mitarbeiter und dazu bis zu 189.000 inoffizielle Mitarbeiter (IM). Jeder der politisch anderer Meinung war, sich angeblich der Spionage verdächtig gemacht hatte oder im Verdacht stand, eine sogenannte „Republikflucht“ zu begehen, geriet ins Visier der Staatssicherheit. Diese Menschen wurden observiert, eingeschüchtert und inhaftiert. Anfangs verwendete die Staatssicherheit sogar noch Folter in ihren Gefängnissen. Da sich die DDR aber offiziell für die Achtung der Menschenrechte ausgesprochen hatte, musste sie später auf sogenannte „Weiße Folter“ setzen. Diese bestand aus ausgeklügelten psychischen Methoden. Vor allem kritische Künstler, Gruppen die einen Ausreiseantrag gestellt hatten, Menschenrechtsorganisationen oder kirchliche Oppositionsgruppen waren Opfer von sogenannten „Zersetzungsmaßnahmen“. Mithilfe derartiger Maßnahmen sollte das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl der Opfer gezielt untergraben werden. Sie sollten verwirrt, verängstigt und sozial entwurzelt werden. Durch die daraus entstehenden Lebenskrisen der Opfer sollte Ihnen die Kraft für oppositionelle Tätigkeiten genommen werden. Die Stasi war hier natürlich als Drahtzieher nie erkennbar. Zunächst wurden die Opfer gründlich bespitzelt, daraus wurde dann ein  Persönlichkeitsprofil erstellt. Die Stasi pickte sich nun besondere Schwächen heraus (zum Beispiel Alkoholismus, Medikamentenabhängigkeit, Spielsucht, Ehebruch, berufliches Versagen usw.) und verbreitete Gerüchte hierüber im Umfeld des Opfers. Außerdem kontrollierten sie Briefe, hörten Telefonate ab, beschädigten das private Eigentum, manipulierten Fahrzeuge, vergifteten Lebensmitteln oder ließen dem Opfer eine falsche medizinische Behandlung zukommen. In den Unterlagen des MfS sind in einigen Fällen sogar Mordabsichten, zum Beispiel durch die Herbeiführung eines zufälligen Autounfalls, vermerkt. Die Stasi verübte auch Wohnungseinbrüche, bei denen sie absichtlich Einrichtungsgegenstände verrückte oder Gegenstände in der Wohnung ließ, die offensichtlich nicht dorthin gehörten, nur um ihre Opfer komplett zu terrorisieren.

Auch Beziehungen in Freundschaften, Familien oder zu den eigenen Kindern wurden manipuliert. Durch anonyme Briefe, Telegramme und Telefonanrufe sollten Eltern und Kinder systematisch voneinander entfernt werden.

Sollten ganze Gruppen zersetzt werden, streute die Stasi gern Gerüchte von Stasimitarbeitern unter den Gruppenmitgliedern. Um Misstrauen zu erzeugen wurde zum Beispiel bei einem Mitglied der Gruppe der Verdacht erzeugt, es handele sich um ein Stasimitglied, in dem es zu staatlichen Stellen vorgeladen wurde oder mit besonderen Privilegien (zum Beispiel Urlaubsgenehmigungen, privater Pkw) ausgestattet wurde.

Genau Belege dafür, wie viele Menschen und Gruppen diese Zersetzungsmaßnahmen betrafen, gibt es bis heute nicht. Ein durchschnittlicher DDR-Bürger wurde von derartigen Zersetzungsmaßnahmen nicht behelligt, allerdings geht man von rund 5000 Personen aus, denen ein derartiges Unrecht geschehen ist. Dennoch war die Stasi immer mit dabei. Durch die vielen inoffiziellen Mitarbeiter war sich kein DDR-Bürger sicher, ob nicht der Nachbar, der Lehrer der Kinder, der Arbeitskollege, Freunde oder gar Familienangehörige mithörten und jegliche Verfehlungen der Staatssicherheit meldeten.

Das Ministerium für Staatssicherheit hatte bei der Überwachung seiner Bürger peinlich genaue Mechanismen entwickelt. Hier im Stasimuseum kannst du viele davon sehen. Am beeindruckendsten empfand ich eine ausgestellte Zimmertür in der sich Wanzen und Unmengen an Batterien befanden. Diese waren so in der Zimmertür verankert, dass die Bewohner diese erst 17 Jahre nach dem Mauerfall bemerkten. Das Ehepaar, welches in dieser Wohnung lebte, geriet ins Visier der Staatssicherheit, weil es Kontakt zur seiner Familie im Westteil der Stadt hielt.

Aber auch original erhaltene Gegenstände, wie Schreibmaschinen, winzige Kameras, Waffen, Wanzen, andere Geheimutensilien und Tonbänder werden ausgestellt und die Geschichten der Menschen die damit überwacht wurden erzählt. Als kurios empfand ich auch die Kamera in einem Vogelhäuschen, die den Garten eines DDR-Bürgers überwachen sollte.

Außerdem kannst du hier im Stasimuseum auch die originalgetreu erhaltenen Diensträume des Stasichefs Erich Mielke besichtigen. Es gibt eine ganze Ministeretage. Du siehst den Schreibtisch, von dem aus Mielke die oben beschriebenen Versetzungen anordnete und sein eigenes Volk bespitzelte. Alles in seinen Diensträumen steht noch genauso da, wie Mielke es 1989 verlassen hatte: die Telefone mit Wählscheibe, der Siemens Computer und das alte Tonbandgerät. Sogar der Aktenvernichter steht noch da. Hier siehst du zum Beispiel auch den roten Kunstlederkoffer, den Erich Mielke immer gut in seinem Panzerschrank aufbewahrte. In ihm sammelte Mielke sogar Unterlagen des SED Chefs Erich Honecker. Angeblich waren hierunter auch NS-Justizakten, die die Rolle Honeckers als angeblichen Widerstandskämpfer infrage stellten.

Ausstellung vor dem Stasimuseum Berlin

Wütende DDR-Bürger stürmen die Stasi Zentrale

Am 15. Januar 1990 soll sich hier an der Normannenstraße ein folgenreiches Ereignis zutragen. An diesem Tag gab es hier eine Protestdemonstration, bei der sich tausende Menschen vor den Toren des Geländes der Stasi drängten. Um die 100.000 Demonstranten sollen hier versammelt gewesen sein. Die Demonstranten forderten lautstark die Öffnung der Tore, es fielen Parolen wie „Stasi raus.“ Und „Freiheit für meine Akte“. Die aufgebrachten Bürger wollten verhindern, dass die rund 7000 Mitarbeiter der Staatssicherheit, die hier in den Gebäuden arbeiteten, die Stasiunterlagen vernichteten. Der erste Demonstrant sprang gegen 17:00 Uhr über das Geländer. Auf einmal öffnete sich das Eingangstor – bis heute weiß keiner so genau wodurch. Die Polizei beschloss aber, hier nicht einzugreifen und so strömten immer mehr Menschen auf das Gelände der Staatssicherheit. Die meisten gelangten zuerst in den Versorgungstrakt. Hier fanden sie haufenweise West-Delikatessen vor – Sachen, die es für normale Bürger in der DDR einfach nicht zu kaufen gab. Das steigerte ihre Wut noch mehr, sodass bald darauf die ersten Scheiben klirrten und Papiere, Stühle und Tische aus den Fenstern geworfen wurden. Unvergessen sind die Bilder, in denen die zahlreichen Seiten der Stasiunterlagen durch die Treppenhäuser der Gebäude flattern.

Zur gleichen Zeit tagte auch der „Zentrale Runde Tisch“, ein Gremium aus Oppositionellen und Regierungsvertretern. Als den runden Tisch die Nachricht über die Ereignisse in Berlin-Lichtenberg erreichte, brachen die Teilnehmer die Gespräche ab und fuhren mit Ministerpräsidenten Modrow zur Stasi-Zentrale. Es gelang ihnen dort, die Demonstranten zu beruhigen.

Eine Woche später wurde die Einrichtung einer Gedenk- und Forschungsstelle zum DDR-Stalinismus hier in der Normannenstraße beschlossen. Schon am 7. November 1990 nahm das Stasimuseum seinen regulären Betrieb auf. Außerdem bewirkten die Demonstranten an  diesem 15. Januar 1990 auch, dass noch einmal über das Verfahren mit den Stasiakten nachgedacht wurde. Hierzu gab es eine Zusatzvereinbarung und Joachim Gauck wurde am Tag der Wiedervereinigung Deutschlands, am 3. Oktober 1990, zum „Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes“ ernannt. Seitdem können alle Bürger der ehemaligen DDR Einsicht in ihre Stasiakten nehmen.

Die Demonstranten leisteten also mit ihrer Stimmung der Stasizentrale 1990 einen wichtigen Dienst für die Aufarbeitung der SED-Diktatur und retteten ungefähr 16.000 Säcke mit bereits zerrissenen Dokumenten vor der endgültigen Vernichtung. Die Einzelteile dieser Dokumente setzen Mitarbeiter des Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen (BStU) seit dem Jahr 1995 in mühsamer Arbeit wieder zusammen.

111 Kilometer Stasi-Akten heute

Heute hat jeder ehemalige DDR-Bürger das Recht, seine Stasi Akte einzusehen. Schon mehr als 2 Millionen Menschen haben dies seit 1992 getan.  Mehr als 111 km Schriftgut gibt es heute an Stasiakten. 51 km davon wurden bereits von der Staatssicherheit archiviert und sind daher personenbezogen zugänglich. Weitere 60 km hat man unsortiert in den Stasigebäuden gefunden. Dazu kommen noch 1,7 Millionen Fotos und Videomaterial. Beim BStU arbeiten mehr als 1300 Beschäftigte an 14 Standorten.

Außerdem gibt es hier auf dem Gelände der Stasi-Zentrale im Haus 7 das Stasi-Unterlagen-Archiv. Seit Juni 2018 kannst du dir hier die Ausstellung „Einblick ins Geheime“ ansehen. In der ersten Etage der Ausstellung lernst du Interessantes über das Karteikartensystem der Staatssicherheit. 41 Millionen Karteikarten, auf denen die Stasi akribisch genau die Informationen über ihre Bürger gespeichert hat, fand man nach dem Fall der Mauer. Hier siehst du auch eigens gebaute Maschinen, die der Stasi ein besonders schnelles Öffnen und Verschließen der Post ermöglichten. Die Karteikarten werden bis heute vor allem genutzt um dann über sie zu den Akten der jeweiligen Person zu gelangen. In der zweiten Etage sind weitere Medienträger ausgestellt, die die Stasi genutzt hat. Hierzu zählen Fotos, Dias, Kassetten, Filmrollen und sogar schon die ersten Computer. In der 3. Etage dann wird die Geschichte eines damals Verfolgten nachgezeichnet und anhand von großformatigen Fotos, interaktiven Medienstationen, einem Original-Karteischrank und einer begehbaren Akte veranschaulicht. Als Besucher lernst du hier wie die Stasi damals Informationen über bestimmte Menschen sammelte und wie das Archiv der DDR-Geheimpolizei funktionierte.

Doch was wird aus der Stasi-Zentrale heute? Viele Diskussionen gibt es derzeit über die Nutzung des riesigen Areals und der einzelnen Gebäude. Eigentlich möchte man den historischen Ort bewahren, aber was macht man aus den ganzen Plattenbauten? Einig ist man sich jedoch darüber, dass hier auf dem Gelände der „Campus der Demokratie“ entstehen soll. Das soll ein Ort werden, der über die Mechanismen der Unterdrückung in der DDR informiert und auch die Widerstandsbewegungen zeigt.

Bis es jedoch soweit ist, schau dir doch bei deinem nächsten Berlin-Besuch das Stasimuseum an.

ADRESSE:

Stasimuseum

Normannenstraße 20, Haus 1,1 0365 Berlin

www.stasimuseum.de

SO KOMMST DU HIN:

U-Bahn

U5 bis Magdalenenstraße, dann 600 Meter Fußweg

Tram

Tram: 16, M13 bis Rathaus Lichtenberg, dann 700 Meter Fußweg

Bus

Bus: 240, N50, N56 bis Schottstraße, dann 400 Meter Fußweg

TICKETS:

Erwachsene: 8 Euro

ermäßigt: 6 Euro

Schüler: 3 Euro

Leihgebühr Audio Guide: zwei Euro

Öffentliche Führungen für Besucher finden jeden Tag um 13:00 Uhr (deutsch) und 15:00 Uhr (englisch) statt. Treffpunkt ist das Foyer.

ÖFFNUNGSZEITEN:

Montag bis Freitag 10:00 bis 18:00 Uhr

Samstag, Sonntag, Feiertage 11:00 bis 18:00 Uhr

 

Ines Bachmann
ines@berlin-city-game.com

Ich liebe Berlin! Als eine der wenigen waschechten Berliner möchte ich dir meine Stadt zeigen. In Ost-Berlin geboren und aufgewachsen schreibe ich hier nicht nur über die typischen Sehenswürdigkeiten Berlins sondern auch über die Berliner Mauer und vielleicht nicht so offensichtliche aber dennoch spannende Orte in der Stadt. Komm mit auf die Reise nach Berlin und lass uns gern einen Kommentar da!