alles über Berlin

Bunte Elefanten und popelnde Kinder – Street Art in Berlin

Bunte Elefanten und popelnde Kinder – Street Art in Berlin

Wenn man in Berlin durch die Straßen läuft – besonders in den Bezirken Friedrichshain oder Kreuzberg – könnte man meinen, man braucht hier gar keinen Street Art Guide. Denn die kleinen und großen Kunstwerke gibt es hier gefühlt an jeder Straßenecke. Und tatsächlich gibt es in keiner anderen Stadt so viele davon wie in Berlin. Nicht nur als Graffiti kommt sie daher – Street Art gibt es hier in allen erdenklichen Formen – vom Aufkleber zum Mural bis hin zum Paste Up oder als riesiges Wallpaper. Street Art gehört in Berlin einfach zum Stadtbild.

In den 70er Jahren wurde die Straßenkunst in New York geboren. Lange Zeit wurde sie als Vandalismus verschmäht und als Ausdruck gegen das Establishment genutzt. Inzwischen hat sich aber eine sehr ausdifferenzierte Kunstszene entwickelt, die sogar eigene Museen hat oder zur Stadtvermarktung genutzt wird.

In Berlin sind die Anfänge der Urban Art geprägt von Kaltem Krieg, Teilung und Wiedervereinigung. Denn in den 80ern hat hier alles mit der Berliner Mauer angefangen. Als sie noch stand, hat Thierry Noir schon 5 Jahre vor dem Fall der Mauer als erster Künstler die westliche Seite mit farbenfrohen Figuren verschönert, um dem bedrohlichen Bauwerk etwas Buntes entgegen zu setzen. Damit wurde die Westseite der Berliner Mauer zu einer ikonischen Projektionsfläche für viele verschiedene Street Art Projekte.

Auch im Ostteil Berlins gab es eine – wenn auch deutlich kleinere – Street Art Szene. Hier war die inhaltliche und gestalterische Freiheit allerdings enorm eingeschränkt, wenn das Kunstwerk nicht gleich wieder entfernt werden sollte.

Nach dem Mauerfall explodierte die Berliner Street Art Szene dann förmlich. Künstler aus aller Welt kamen in die Stadt um die leer stehenden Häuser, besetzte Gebäude oder andere Leerflächen für ihre Kunstwerke zu nutzen. Derartige Möglichkeiten gab es damals nur in Berlin.

Von kleinen Äffchen und lustigen Kameras

Heute ist Street Art aus dem Berliner Stadtbild nicht mehr weg zu denken. So manchem Künstler hat die Stadt zu Ruhm verholfen. Überhaupt trifft man in der Berliner Street Art Szene jede Menge bekannter Ikonen. Das Künstlerduo Herakut zum Beispiel. Jasmin Siddiqui, alias Hera, und Falk Lehman, alias Akut, reisten für ihre Geschichte rund um das Geschwisterpaar Jake und Lilly einmal um die ganze Welt. Denn mit ihren Bildern wollen sie zeigen, dass es durchaus Themen gibt, die alle Menschen auf der Welt beschäftigen und verbinden. Jake ist dabei der Perfektionist, der zur Spraydose greift um zu rebellieren. Seine Schwester Lilly aber ist in einer Parallelwelt gefangen, macht sich aber dann doch auf die Suche nach ihrem Bruder – im Gepäck ein paar Äffchen.

Oder der in Weimar geborene Jadore Tong, der den inzwischen Weltberühmten Elefanten mit Weltballon auf einem grauen Basketballplatz inmitten von Hochhäusern in Kreuzberg erschaffen hat. Jadore Tong hat schon immer nach grauen Parkplätzen gesucht, denen er mit seinen Werken Farbe einhauchen konnte. Ganze 4 Wochen hat er gebraucht, um das 24 Meter hohe Mural in der Nähe vom Halleschen Tor anzulegen. 750 Quadratmeter groß ist es geworden. Die bunten Farben spiegeln auch das multikulturelle Berlin und seine Vielfalt wieder. Das Synonym von Jadore Tong ist übrigens S.Y.R.U.S und steht für „save your rich untouchable soul“.

Wenn du eher etwas Lustiges suchst, dann schau dir doch mal die Werke von El Bocho an – der nächsten Ikone in unserer auf gar keinen Fall abschließenden Liste. Bekannt wurde El Bocho durch die unzähligen Murals von kleinen Überwachungskameras namens Kalle und Bernd, die sich mit lustigen Sprüchen unterhalten. Oder auch durch die von ihm geschaffene Figur des kleinen Mädchens Lucy, das auf alle erdenklichen Arten versucht ihre Katze umzubringen. Durch ganz Berlin verstreut findet man Little Lucy an Hauswänden. Heute ist El Bocho eher mit seiner Serie „Citizens“ unterwegs, die junge Mädchen und Frauen in der Großstadt portraitiert.

Die Hot Spots der bunten Wände

Wenn du lieber gleich die große Auswahl an einem Ort haben willst, solltest du unbedingt die Hot Spots der Berliner Street Art kennen. Vor allem rund um den U Bahnhof „Schlesisches Tor“ findest du riesige Fassaden – Murals wie den „Yellow Man“ der brasilianischen Zwillinge Os Gemeos oder den „Pink Man“ von Blu. Und ganz in der Nähe am Mehringplatz findest du das Mural „Make Art not War“ des Street Art Superstars Shepard Fairey.

Auf dem RAW Gelände an der Warschauer Straße findest du einen der letzten Orte der Berliner Subkultur. Das ehemalige Reichsbahnausbesserungswerk ist heute ziemlich zerfallen und die Hauswände bieten viel Fläche für bunte Graffitis.

Hier mitten drin ist übrigens auch das Urban Spree, eine Kunstgalerie auf 1700 m² mit einem tollen Biergarten. Hier kannst du dir Street Art von verschiedenen Künstlern anschauen, Konzerte besuchen oder dir ein neues Tattoo zulegen.

Wenn du danach immer noch nicht genug von bunten Bildern auf Wänden hast, kannst du Richtung Oberbaumbrücke zur East Side Gallery schlendern. Dort findest du auf mehr als 1 km Länge Kunst und Gemälde auf Teilen der ehemaligen Berliner Mauer.

RAW

In den Straßen rund um das RAW Gelände herum wirst du übrigens viele weitere kleinere Street Art Projekte finden. Am besten schlenderst du Richtung Boxhagener Straße zum Kino Intimes. Dort wartet an der Hauswand des Kinos eines der begehrtesten Fotomotive auf dich. An dieser Wand haben sich im Laufe der Jahre unzählige Künstler mit ihren Werken verewigt. Dabei unterliegt die Wand ständigen Wandel – vielleicht sind ja bei der nächsten Berlin-Besuch schon wieder ganz andere Motive hier an der Wand.  Auch El Bocho hat sich hier mit seinem Character Little Lucy übrigens schon verewigt.

Falls du jetzt ein echter Street Art-Fan geworden bist oder noch begeisterter bist als du zuvor schon warst, haben wir jetzt noch einen tollen Tipp für dich. Das Urban Nation Museum – oder ganz genau das Museum for Urban Contemporary Art – vereint verschiedenste Street Art Werke an nur einem Ort. Schon von der Straße aus wirst du sehen wo sich das Museum befindet-denn mal wirst du von übergroßen blauen Tentakeln empfangen, mal ist das Gebäude in einen Weltraumlook verpackt. Einmal drinnen, findest du zwischen optischen Täuschungen und riesigen 3-D Kunstwerken auch immer wieder kleinere Gemälde und direkt ganze verzierte Wände, für die jede Leinwand zu klein wäre. Vielfalt wird hier groß geschrieben! Du solltest auf alle Fälle ausreichend Zeit einplanen, um dir alle der mehr als 100 Werke anzuschauen. Jedes Jahr holt das Museum übrigens mehrere Street Art Künstler in die Stadt, die die tristen Hauswände verschönern sollen. So siehst du auch in den Seitenstraßen rund um die Bülowstraße deren Werke.

Und den popelnden Jungen übrigens – den kannst du in der Hall of Fame auf dem Teufelsberg sehen. In der ehemaligen Abhörstation der USA und der Briten arbeiteten zu Zeiten des Kalten Krieges rund 1500 Menschen. Seit der Wiedervereinigung steht der Komplex nun schon leer und die Natur hat sich das Gelände immer mehr wieder erobert. Nicht nur in der Hall of Fame sondern auf dem gesamten Gelände sind unzählige Graffitis verteilt. Alle zusammen machen diesen vergessenen Ort voller Farbe und Kreativität zur größten Street Art Gallery Deutschlands.

Wie auch hier auf dem Teufelsberg litten viele Murals in Berlin schon unter den Einflüssen anderer Menschen oder der Natur, manche aber bleiben für immer auf den Mauern Berlins verewigt – und wenn nicht dann auf jeden Fall in unserer Erinnerung. Bei der großen Menge an Gemälden und Werken wäre es fast unmöglich, jedes davon hier zu nennen. Deswegen liegt es nun an dir weiter zu forschen und neugierig zu bleiben!

 

 

Ines
ines@berlin-city-game.com

Ich liebe Berlin! Als eine der wenigen waschechten Berliner möchte ich dir meine Stadt zeigen. In Ost-Berlin geboren und aufgewachsen schreibe ich hier nicht nur über die typischen Sehenswürdigkeiten Berlins sondern auch über die Berliner Mauer und vielleicht nicht so offensichtliche aber dennoch spannende Orte in der Stadt. Komm mit auf die Reise nach Berlin und lass uns gern einen Kommentar da!