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Der Kuss an der Berliner Mauer – wer, wann, warum?

East Side Gallery Bruderkuss

Der Kuss an der Berliner Mauer – wer, wann, warum?

Der Bruderkuss ist das wohl berühmteste Gemälde an der Berliner East Side Gallery, dem längsten noch erhaltenen Teilstück der Berliner Mauer. Er wurde 1990 von dem russischen Künstler Dimitri Wrubl geschaffen. Als Grundlage hierfür diente Wrubl ein Foto des Pressefotografen Regís Bossu, der den Bruderkuss zwischen Leonid Breschnew und Erich Honecker auf dem 30. Jahrestag der DDR am 07. Oktober 1979 aufnahm.

Aber was hat es mit dem Kunstwerk genau auf sich? Warum küssen sich die zwei? Und warum ist das Bild so berühmt?

Doch von vorne: Den Bruderkuss kannst du an der Berliner East Side Gallery – dem längsten noch erhaltenen Teilstück der Berliner Mauer – im Bezirk Friedrichshain bewundern. Auf einer Länge von 1316 Metern gibt es rund 100 Gemälde von 118 Künstlern zu sehen, die hier nach dem Mauerfall 1990 entstanden sind. Die Gemälde beschäftigen sich mit der Wendezeit und den politischen Ereignissen 1989/1990. Jeder Künstler veranschaulicht in seinem Werk seine ganz eigene Sicht auf diese Zeit: Der eine mit einem an Ketten gefesselten Daumen („Diagonale Lösung des Problems“ von Mikhail Serebryakov), der immer nach oben zeigt, der andere mit einem Trabi der durch die Mauer zu brechen scheint („Test the rest“ von Birgit Kinder).

Doch keines der Gemälde hat es zu einer solchen Berühmtheit geschafft wie der Bruderkuss. Dabei stammt die Idee zu dem Gemälde von einem Foto, welches Dimitri Wrubl einfach als Gemälde umsetzte. Auf dem 30. Jahrestag der Gründung der DDR am 07. Oktober 1979 in Ostberlin hielt Leonid Breschnew eine Rede. Als er fertig war gab es als Besiegelung des Vertrages noch eine innige Umarmung zwischen ihm und Erich Honecker, dem damaligen Staatschef der DDR, und eben den berühmten Kuss auf die Lippen.  Der Pressefotograf Regís Bossu drückte in genau diesem Moment ab, später ging das Bild unter dem Namen „Le Baiser“ (Der Kuss) um die Welt.

Der sozialistische Bruderkuss und seine Bedeutung

Ursprünglich sollte der Kuss die Zugehörigkeit zur Arbeiterklasse zeigen, später wurde er dann zum Ritual unter Staatsmännern der Ostblockstaaten, welches jedes Mal bei dem Besuch eines sowjetischen Machtvertreters in den Ostblockstaaten ausgeführt wurde. War der Kuss anfangs noch recht spontan und ohne feste Regeln, wurde Anfang der 60er Jahre ein regelrechtes Ritual rund um die Begrüßung eingeführt.  So wurden schon beim Verlassen des Flugzeugs die Arme gespreizt, zwei Männer näherten sich symmetrisch, umarmten sich und gaben sich einen dreimaligen Wangenkuss.

Später entwickelten die ostdeutschen Parteileiter den Wangenkuss weiter zu einem innigen Bruderkuss direkt auf die Lippen. So wollte man seine Verbundenheit zwischen den sozialistischen Staaten zeigen.

Breschnew war übrigens ein eifriger Verteiler seines Bruderkusses. Zuerst gab es einen Kuss auf die linke Wange, dann auf die rechte und dann auf den Mund. Doch nicht alle Staatschefs erwarteten den Kuss von Breschnew brennend. Der kubanische Revolutionär und Politiker Fidel Castro zum Beispiel entging dem Ritual, weil er einfach mit einer Zigarre im Mund aus dem Flugzeug stieg. Breschnew hatte so keine Chance sein Gastritual durchzuführen.

Viele andere aber genossen diese innige Begrüßung von Breschnew, der sich dafür übrigens viele Witzeleien einheimste. So soll bei dem jugoslawischen Staatschef Josip Broz Tito der Bruderkuss mit Leonid Breschnew so stark gewesen sein, dass Tito danach die Lippe blutete.

Andere berühmte Brüderküsse gab es zwischen Nikita Chruschtschow mit dem Kosmonauten Juri Gagarin oder auch zwischen Honecker und Gorbatschow. Allerdings war keiner so innig, wie der zwischen Breschnew und Erich Honecker, dem damalige SED Parteichef und Regierungschef der DDR, am 07. Oktober 1979.

Mein Gott, hilf mir, diese tödliche Liebe zu überleben

30 Jahre später fiel dem russischen Künstler Wrubel das Foto von Bossu zufällig in die Hände und nahm es als Grundlage für sein Kunstwerk an der Berliner Mauer. Für Wrubel ist der Kuss zwischen den zwei alten Männern ein Symbol einer Epoche. Außerdem haben Honecker und Breschnew einen hohen Wiedererkennungswert – es sind schließlich reale Personen. Das und die überdimensionale Darstellung der beiden Gesichter machen das Kunstwerk für Wrubel zu einem universellen Symbol.

Für Wrubl ist der Bruderkuss aber kein vorrangig politisches Gemälde, für ihn handelt es von der Liebe. Der Untertitel „Mein Gott, hilf mir, diese tödliche Liebe zu überleben“ entstand übrigens, weil Wrubel sich zu dieser Zeit zwischen 2 Frauen entscheiden musste.

Die East Side Gallery in neuem Glanz

Da sich in den Mauersegmenten nach und nach kleinste Risse bildeten, gelangt Wasser ins Innere der Mauer und griff Stahl und Mauerwerk an. Die Gemälde blätterten ab. Eine komplette Betonsanierung war daher 1009 nicht mehr abzuwenden. Doch dafür mussten die ursprünglichen Gemälde an der East Side Gallery  abgetragen werden. Durch 80 Grad heißen Wasserdampf verschwanden die Kunstwerke einfach. Die Künstler wurden gebeten für eine Aufwandsentschädigung von 3000 Euro ihre Gemälde noch einmal zu zeichnen. Das tat auch Dimitri Wrubl. In 3 Wochen Arbeit und dieses Mal mit Spezialfarbe die länger hält, entstand die heutige Version des Bruderkusses. Auf dem ersten Gemälde von 1990 wirkte die Haut von Erich Honecker noch sehr grünlich. Bei der Sanierung 2009 wurde dieser grünliche Hautton etwas korrigiert. Im gleichen Jahr trafen sich Wrubel und der Fotograf Bossu sogar und ließen sich vor dem Bruderkuss fotografieren. Seine 3000 Euro Aufwandsentschädigung spendete Wrubel übrigens einem sozialen Kunstprojekt im Berliner Bezirk Marzahn.

Der Bruderkuss heute

Die East Side Gallery steht seit November 1991 unter Denkmalschutz, was allerdings nicht davon abhielt, Teile der Mauer für Neubauprojekte zu entfernen.

Im Jahr 2018 hat die Stiftung Berliner Mauer die East Side Gallery übernommen und kümmert sich nun neben der Gedenkstätte Berliner Mauer auch um die Pflege, die Erhaltung und den Schutz der Open Air Galerie. Die Stiftung will außerdem künstlerische Aneignung des Ortes nach dem Mauerfall aber auch die Funktionsweise des DDR Grenzsystems den Besuchern näherbringen. Dafür soll es eine Open Air Ausstellung und ein Besucherzentrum geben.

So wird sicher gestellt dass der Bruderkuss und die vielen anderen Gemälde an der East Side Gallery in Berlin erhalten bleiben. Durch den heutigen Kultstatus des Bruderkusses, findest du ihn auf Postkarten, T-Shirts, Tassen und vielen anderen Berlin – Souvenirs. Obwohl Dimitri Wrubl durch den ganzen Merchandise bereits Millionär sein könnte, hat er bisher von den Verkäufen keinen Cent gesehen. Aber Geld interessiert den Künstler auch nicht so sehr. Er lebt heute mit seiner Frau in Berlin und hat eine kleine Ausstellung in der Kulturbrauerei.

In der Nähe

Solltest du nach dem Bruderkuss noch weiter Lust auf Ost-Feeling haben, kannst du ja mal in der Volkskammer vorbei schauen. Das Restaurant mit originalgetreuer DDR-Innenausstattung hat typische Ost-Gerichte wie Jägerschnitzel oder Soljanka auf der Speisekarte.

Im Ostel gleich daneben kannst du auch wie im Osten übernachten – ein Hostel im DDR-Charme.

Oder interessieren dich ganz unterschiedliche Wege, die Berliner Mauer zu entdecken? Dann empfehlen wir dir unseren Artikel dazu.

Ansonsten erklären wir dir hier noch Alles, was du in Ostberlin gesehen haben musst.

ADRESSE:

East Side Gallery

Mühlenstraße 3-100, 10243 Berlin

SO KOMMST DU HIN:

S-Bahn S3, S5, S7, S9, S75 bis Warschauer Straße

U-Bahn U1, U3 bis Warschauer Straße

Tram M10 bis U-Bahnhof Warschauer Straße

Bus 300, 347 oder N1 bis Warschauer Straße

ÖFFNUNGSZEITEN & TICKETS:

Die East Side Gallery ist rund um die Uhr geöffnet, der Besuch ist kostenfrei.

WEITERE ADRESSEN:

Restaurant Volkskammer

Straße der Pariser Kommune 18b; 10243 Berlin

Öffnungszeiten: täglich 11:00 Uhr bis 22:00 Uhr

https://www.volkskammer.de/

Ostel Hostel

Wriezener Karree 5; 10243 Berlin

Ines
ines@berlin-city-game.com

Ich liebe Berlin! Als eine der wenigen waschechten Berliner möchte ich dir meine Stadt zeigen. In Ost-Berlin geboren und aufgewachsen schreibe ich hier nicht nur über die typischen Sehenswürdigkeiten Berlins sondern auch über die Berliner Mauer und vielleicht nicht so offensichtliche aber dennoch spannende Orte in der Stadt. Komm mit auf die Reise nach Berlin und lass uns gern einen Kommentar da!